Benefiz-Konzert in St. Marien – ein gelungenes Fest

Von Evelyne Wurm

Die Spenden in Höhe von 1116,50 Euro werden zeitnah von Musikschulleiter Thomas Schröder an das Refugium in Brake überreicht werden – eine erfahrene Einrichtung, die sich mit Unterstützung und Schutz von Kriegsflüchtlingen gut auskennt.

Zum ersten Mal wagte sich die Bläserabteilung der Musikschule Wesermarsch unter der Schirmherrschaft vom Niedersächsischem Minister für Wissenschaft und Kultur Björn Thümler in die große Sankt-Marien-Kirche. Die Möglichkeit, in dieser Kirche aufzutreten, verdankte die Musikschule einem glücklichen Zufall: Carola Lenz ist nicht nur seit einiger Zeit Pastoralreferentin der katholischen Gemeinde in Brake, gleichzeitig ist sie auch Trompetenschülerin von Thomas Schröder.

Natürlich ließ sie es sich neben vielen einfühlsamen Worten und Einführungen zu einigen Stücken nicht nehmen, selbst zum Instrument zu greifen und den gewaltigen Nachhall der Sankt-Marien-Kirche zu erspüren. Gemeinsam mit Thomas Schröder am Klavier spielte sie das bekannte „Halleluja“ von Cohen und die Titelmusik zum Charlie Chaplin Klassiker „Smile“.

Seinen ersten Auftritt vor größerem Publikum absolvierte auch ein anderer erwachsener Trompetenschüler der Musikschule: Im normalen Leben als Chefarzt der Helios-Klinik in Nordenham anzutreffen, verblüffte Hans Schmidt mit geschmeidigen Tönen und einer gekonnten Höhe. Die Lacher auf seiner Seite hatte der Chefarzt, als er ganz modern eine Bluetooth-Box auspackte, um sich von einem digitalen Orchester begleiten zu lassen: „So sähe das dann in der Oldenburger Fußgängerzone aus, wenn ich tatsächlich beruflich einen anderen Weg einschlagen würde.“
Natürlich nicht ganz ernst gemeint, obwohl auch dem ein oder anderen anwesenden Politiker in diesem Moment wohl klar war, dass auch ein Musiker nicht von Luft und Liebe leben kann.

Dennoch ging es beim nächsten Stück ganz besonders luftig zu:
Eine echte Ikone der Jazz-Musik-Szene und ein Urgestein an der Musikschule Wesermarsch packte sein Sopransaxofon aus und spielte den selbst geschriebenen Titel: „No, no dance“. Es handelte sich dabei um Rüdiger Schulz. „So etwas hört man in der Wesermarsch einfach nie“, war sich Schulleiter Thomas Schröder sicher. Stimmt – um „No, no dance“ spielen zu können, ein typisches Stück eines entgrenzten avantgardistischen Jazz, muss man die sogenannte Zirkularatmung beherrschen: Der Musiker atmet dabei durch die Nase ein und durch den Mund aus. So entsteht ein endloser Ton, eine endlose Melodie, von der schon Richard Wagner träumte. Nur klang das Stück so gar nicht nach Wagner. Es perlte hoch und runter, es wog das Publikum in sanften Klängen, um im nächsten Moment eine modale Leiter rauf und pentatonisch wieder runterzujagen. Cool. Untanzbar. Echt genial.

Einen ebenfalls interessanten Auftritt brachte das Klarinetten-Trio unter Leitung von Musikschullehrkraft Holger Niemann zu Gehör. Die drei Holzbläser (Holger Niemann, Antonia Thümler, Luise Fink) erreichten das Publikum mit so bekannten Stücken wie der „Ode an die Freude“ von Ludwig van Beethoven oder dem „Hochzeitsmarsch“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy.
Dass der ein oder andere Ton bei allen Musikerinnen und Musikern auch mal daneben gehen kann, kommentierte Musikschulleiter Thomas Schröder mit den Worten: „Genau dafür ist eine Musikschule eben da. Auftreten, auftreten, auftreten und die Bühne Schritt für Schritt für sich erobern.

Das ebenfalls noch junge neu gegründete Posaunenquartett absolvierte seinen dritten Auftritt etwas souveräner als in der Musikschule in der Woche zuvor – da waren versehentlich die falschen Noten auf dem Pult gelandet. Die beiden Computerspielstücke „Hang On Sloopy“ und „Kahoot Theme“ klangen nicht ganz so „Modern“ wie beim Auftritt eine paar Tage früher. Das Erlernen der der richtigen Vorbereitung auf ein Konzert ist eben genauso wichtig, wie das Konzert selbst.
Sehr hingebungsvoll gelang dann das bekannte Stück „Amazing Grace“.
Man darf gespannt sein, wie es mit diesem Quartett und seiner Mischung aus Jung und ein wenig älter weitergeht. Besetzt ist es neben Thomas Schröder und Evelyne Wurm (Leitung) mit Timm Pisarev aus Ovelgönne und Ottilia Povah aus Lemwerder. Die Zusammensetzung zeigt einmal mehr, welche Strecken eine Musikschule in einem Flächenlandkreis wie der Wesermarsch zusammenhalten muss.

Gut aufgelegt war dann eine weitere Quartett-Besetzung. Vier Freunde haben sich vor einiger Zeit auf die Fahnen geschrieben, alles zu spielen, was ihnen in den Sonn kommt. Zum Glück, nicht nur für diese Besetzung, macht die Arrangierkunst von Thomas Schröder im Handumdrehen so einiges möglich. So spielten Elizabeth Brüers (Klarinette), Dirk Brüers (Trompete), Thomas Schröder (Posaune) und Evelyne Wurm (Posaune) eine echte Mischung unterschiedlicher musikalische Stilistiken. Atmosphärisch besonders gelang ihnen dabei die Komposition „Oblivion“ von Astor Piazolla. Das Publikum hielt bei diesem Stück einen Moment inne. Es breitet sich eine Art musikalischer Stille aus, die jeden in ihre oder eigene Gedanken und Empfindungswelt schickte.

Den Abschluss eines zeitmäßig etwas aus den Fugen geratenen zweistündigen Programmes bildete dann das Bläser-Oktett der Musikschule. Auch diese Besetzung ist mit zwei Klarinetten, Trompete, Altsaxophon und vier Posaunen recht ungewöhnlich.

Die Besetzung lautet:
Evelyne Wurm, Ursula von Hirschhausen, Klaus Hanke (Posaunen), Thomas Schröder (Leitung, Posaune, Arrangements), Dirk Brüers (Trompete), Sandra Vollbrecht, Elizabeth Brüers (Klarinette), Elisabeth von Hirschhausen (Altsaxophon).

Vor der Corona-Pause war ein Programm ausschließlich mit Komponistinnen geplant worden.
Pastoralreferentin Lenz, die sich für Frauen, besonders in der katholischen Kirche, stark macht, hatte darum gebeten dieses Programm für diesen Anlas erneut aufzulegen. Das Ensemble ließ sich nicht lang bitten und die Bandbreite an Werken, die Frauen komponiert haben, könnte größer nicht sein.
Natürlich hatte auch bei diesen Stücken Thomas Schröder als Arrangeur seine Hand im Spiel.
So erklang zum Beispiel ein Klavierstück von Clara Schumann, eine Computertitelmusik „Grasswalk - Plants versus Zombies“ oder die „Gavotte For Strings And Woodwinds“ von Amy Beach.

Ein ganz besondereres Stück – das „Ave Generosa“ nach melodischen Motiven von Hildegard von Bingen, erweitert von Schröder ergab es einen interessante Klangmischung zwischen längst mit alten Klöstern untergegangenen Klängen und modernen akkordischen Reibungen. Wer daran gezweifelt hat, dass Musik sich klanglich über die Jahrhunderte hinweg die Hand reichen kann, wurde durch das „Ave Generosa“ eines Besseren belehrt. Hier gingen der Kirchenraum und die Klänge in eine natürliche Verbindung.

Ein tolles Konzert ging nach zwei Stunden seinem Ende entgegen. Das Team der Braker Kirchengemeinde, bestehend aus Carola Lenz, Christoph Hartz und Jutta Schütte würden sich über eine Neuauflage ebenso freuen, wie die Musikschule und das Publikum.

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11.7.2022 09:25